Agil. Kommunikativ. Strategisch. Mächtig. Überlebenswichtig
Still und stumm wie das viel zitierte „Männlein im Walde“ stehen sie da – unsere Pflanzen. Scheinbar zu Schweigen und Stillstand verdammt. Tatsächlich können sich unsere grünen Gefährten durchaus bewegen (und das nicht nur durch Windstoß oder Stupser von Spaziergängern). Sie können fühlen, miteinander sprechen, ja sogar schreien, wenn sie in Not sind. Sie haben erstaunlichste Strategien entwickelt, ihre Fortpflanzung zu sichern. Mächtige Wesen, die Heilung bringen können, ebenso wie den sicheren Tod. Und ohne sie könnten wir nicht überleben. Sie sind essenziell für unser Dasein. Schon deshalb sollten wir schonend und behutsam umgehen mit den Schätzen, die uns Mutter Natur schenkt.
Pflanzen in Bewegung
Wenngleich ein Standortwechsel lediglich wenig-zelligen Algen und männlichen Geschlechtszellen von Moosen gelingt, so ist das Bewegungsspektrum in der Pflanzenwelt doch vielfältig. Wobei…über unterirdische Ausläufer, von dem nach unten die Wurzeln weiterlaufen, sogenannte Rhizome, kommen einige Pflanzen, wie z.B. der Gundermann durchaus voran. Bis zu 1 Meter ist für das emsige Pflänzchen mit den hübschen lila Blüten kein Problem.
Ansonsten sind Pflanzen ganz schön mobil. Über die Gravitation wissen alle jederzeit und unabhängig von der Bodenneigung ganz genau den richtigen Wachstumswinkel. Manche sind lichtempfindlich wie der Sauerklee und klappen bei zu starker Einstrahlung ihre Blätter einfach zusammen. Andere sind „Wendehälse“ und drehen ihr Köpfchen mit der Sonne…die Sonnenblume trägt die Eigenschaft sogar in ihrem Namen.
Der Kompasslattich kennt sogar die Himmelsrichtungen und streckt seine Blätter in der Regel in Nord-Südausrichtung, wobei die Schmalseite als Schutz vor Verdunstung der Mittagssonne hingewandt ist. Und als Wetterzeiger sind sie allemal zuverlässiger als die tägliche Wettervorhersage, die am nächsten Tag schon wieder revidiert wird. Ein Blick auf die geschlossenen Blüten der Gänseblümchen sind zum Beispiel ein klarer Hinweis, die Regenjacke mitzunehmen.
Die Sensiblen unter den Pflanzen wie die Mimose reagieren empfindlich auf Erschütterung, indem sie ihre gefiederten Blätter einklappen oder auch nur die Staubgefäße wie die Berberitze. Pflanzen können sich winden, ranken und sogar aufgrund chemischer Stoffe in bestimmte Richtungen wachsen oder sich davon abwenden. Exemplare wie der Stinkende Storchschnabel besitzen Gelenke, mit denen sie ihr Blattwerk stets in den optimalen Winkel zum Lichteinfall drehen, so dass Höhleneingänge noch als Standorte nutzbar sind. Zudem kann er seine Stängel wie Stützfüße abklappen für sicheren Stand in felsigem Gelände.
Es gibt verschiedenste Reize, auf die Pflanzen mit gezielten Bewegungen reagieren. Stillstand gibt es selten. Außer sie legen sich schlafen. Und selbst dafür bewegen sie sich. So schließen Blumen ihre Blüten, senken ihre Blätter und selbst Bäume senken Ihre Zweige zur Nachtruhe wie Forscher zeigen konnten. Aber es gibt auch Nachteulen im Pflanzenreich. Eindrucksvoll zeigt das jeden Abend die Nachtkerze, die ihre duftenden gelben Blüten bei Einbruch der Dunkelheit wie in Zeitraffer öffnet - bezaubernde Schönheit für eine Nacht.
Pflanzen können sprechen
Dass Bäume kommunizieren können ist spätestens seit dem Besteller „Das geheime Leben der Bäume“ von Wald- und Naturexperte Peter Wohlleben zum Glück kein Geheimnis mehr – auch außerhalb der Wald-und Wiesen-Community. Sie nutzen das Myzel der Pilze wie ein riesiges Natur-Internet. Sie schicken sich Nachrichten, warnen einander vor Gefahren. Pflanzen sind eine gut eingespielte und verantwortungsvolle Gemeinschaft. Auch durch das Aussenden von Duft- und Botenstoffen wird fleißig kommuniziert.
Aber können sie auch Laute von sich geben? Die erstaunliche Antwort ist JA! In einer eindrucksvollen Studie machte ein Forschungsteam der Universität Tel Aviv um Molekularbiologin Lilach Hadany die „Schreie“ gestresster Pflanzen hörbar. Bei Wasserentzug und Verletzung erzeugten die untersuchten Pflanzen Geräusche, die dem Ploppen von Popcorn ähneln. Durch entsprechende Mikrofone konnte die auf Ultraschall-Frequenzen basierende Pflanzensprache aufgezeichnet und belegt werden. Was ohne technische Hilfsmittel für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar ist, kann aber im Tierreich, z.B. für Fledermäuse oder auch im Austausch mit anderen Pflanzen von hoher Bedeutung sein.
Ausführliche Infos zum Forschungsprojekt Pflanzensprache
Überlebenskünstler
Wenn es um die Sicherung des Fortbestandes geht, entfachen Pflanzen ein Kreativfeuerwerk. Manche, wie Vogelmiere oder Löwenzahn erzeugen einfach schier unfassbare Mengen an Samen, lehnen sich dann entspannt zurück und verlassen sich bei der Verbreitung ganz entspannt auf Wind oder Tiere. Andere wiederum überlassen nichts dem Zufall. Sie entwickeln ausgeklügelte Mehrfachstrategien wie zum Beispiel der stinkende Strochenschnabel. Wieder andere wie die Hummel-Ragwurz verkleiden sich und überlisten so arglose Geschöpfe als unfreiwillige Bestäuber. Spannend? Dann erfahre mehr im Blogbeitrag über das Liebesleben der Pflanzen.
Überlebensnotwendig
Pflanzen sind essenziell für das Überleben. Sie liefern Nahrung für Menschen und Tiere und nicht zuletzt Sauerstoff durch Photosynthese.
Neben primären Inhaltsstoffen wie Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten, liefern uns Pflanzen eine unglaubliche Vielfalt an Mineralstoffen, Vitaminen und nicht zuletzt sekundären Inhaltsstoffen wie beispielsweise Gerb- und Bitterstoffe, Flavonoide, ätherische Öle oder auch Phytoöstrogene. Während diese sekundären Inhaltsstoffe den Pflanzen einerseits als Lockstoff für Bestäuber und andererseits auch als Schutz vor Fraßfeinden dienen, können sie den menschlichen Organismus positiv beeinflussen. Die Palette der potenziellen Effekte reicht hier von keim- und entzündungshemmend, über immunmodulierend und antioxidativ bis blutdruckregulierend, cholesterin- und blutzuckersenkend. Gerade auch Flavonoide sind als natürliche Radikalfänger zeltschützend im Einsatz und können antikanzerogene Wirkungen unterstützen.
Indigene Völker und traditionelle Volksheilkundler kennen und schätzen seit Jahrhunderten die Heilkraft aus der Welt der Natur. Ob Moose, Flechten, Pilze, Wildkräuter in Wald und Wiese oder auch Bäume. Es gibt soviele Rezepte wie Pflanzen. Leider ist das Wissen um die Pflanzenheilkraft im Lauf der Zeit und spätestens seit dem Siegeszug pharmazeutischer Produkte mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Schnelllebige Zeiten verlangen nach schnellen Lösungen und Produkten. Tablette und fertig. Über potenzielle Nebenwirkungen wird meist erst nachgedacht, wenn sie eingetreten sind und Probleme machen.
Traurigerweise stand die Natur häufig Pate für eine Vielzahl synthetisch hergestellter Produkte und wurde dann verdrängt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan (Verzeihung…eine Redewendung mit langer Tradition, die bitte nicht als ungebührliche Verunglimpfung bestimmter Ethnien betrachtet werden soll!). Zum Beispiel war das Mädesüß nicht nur Vorlage, sondern auch Namensgeber für das populäre Aspirin. Spiraeae flos heißt die Blüte des feuchtigkeitsliebenden Rosengewächses, das im Volksmund auch Wiesenkönigin genannt wird, weil sie mit ihren herrlich duftenden vanillegelben Blütenwedeln die Wiesen und Bachläufe ziert. Einer ihrer sekundären Inhaltsstoffe ist die Salicylsäure, deren fiebersenkende und schmerzstillende Wirkweise später im Aspirin synthetisch nachgebildet wurde.
Oder die Kyttasalbe…nichts anderes als Beinwellsalbe. Der Beinwell, traditionell bekannt als Knochenheiler fiel in Ungnade, weil er sogenannte Pyrrolizidinalkaloide – kurz PA – enthält. Bei langer und hochdosierter Gabe wirken diese lebertoxisch und stehen in Verdacht, krebserregend zu sein. Pharmazeutisch hergestellte Produkte verwenden PA-freie Züchtungen. Leider büßen diese Sorten auch an Heilkraft ein. Ich persönlich empfehle Eigenverantwortung – jeder sollte für sich entscheiden, was er vertreten kann und erreichen will.
Die dunkle Seite der Macht
Wo viel Licht, da ist auch Schatten. Passenderweise finden sich gerade in der Pflanzenfamilie der Nachtschattengewächse auffallend viele giftige bis tödlich giftige Vertreter. Einerseits gehören viele unserer Lieblingsgemüse wie Tomate, Kartoffel oder Aubergine zu dieser Gruppe. Aber eben auch die großen Gift- und Zauberpflanzen wie Bilsenkraut, Tollkirsche oder die mystische Alraune, deren menschlich anmutende Wurzeln seit Alters her die Fantasie der Menschen beflügelte. Prominenter sekundärer Inhaltsstoff vieler Giftpflanzen sind Alkaloide. Aber wie sagte schon Paracelsus: Die Dosis macht das Gift. Und so nutzten Schamanen und weise Kräuterfrauen, die im Mittelalter als Kräuterhexen verleumdet und tausendfach ein entsetzliches Ende im Feuer fanden, diese Pflanzen als bewusstseinserweiternde Drogen. Mit tiefgehendem Wissen und großer Erfahrung setzten sie adäquate Mengen ein, zum Beispiel Eisenhut (Aconitum) in sogenannten „Flugsalben“. Bei gezielter Dosierung entstand ein Kribbeln auf der Haut, ein Gefühl, abzuheben. Doch der Grat zum Jenseits ist schmal. Schon der Verzehr von 3-6 Gramm dieser giftigsten Pflanze Europas kann für einen Erwachsenen tödlich sein. Die Wirkung tritt rasend schnell ein: Erste Zeichen bereits nach 10 Minuten und der Tod nach 30 bis 45 Minuten, wobei der Betroffenen bis zum Schluss bei Bewusstsein ist. Und deshalb sei jeder dringend gewarnt vor Selbstversuchen!
Tollkirschen erzeugen neben starken Erregungszuständen bis hin zu Atem- und Herzstillstand auch pupillenerweiternde Wirkung. Für letztere ist das in den Tollkirschen enthaltene Atropin verantwortlich. In früheren Zeiten nutzten die Frauen den Saft der Beere, um die Augen bzw. Pupillen groß und glänzend zu machen. Der wissenschaftliche Name Belladonna (schöne Frau) rührt vermutlich noch daher. Der Wirkstoff Atropin wurde 1833 durch einen deutschen Apotheker erstmals aus der Pflanze isoliert und ist heute in der Augenheilkunde genau für diese pupillenerweiternde Wirkung im Einsatz.
Und wer kennt ihn nicht den sagenumwobenen Schierlingsbecher. Ein Trank mit geflecktem Schierling wurde Sokrates in der Zelle gereicht und als „Suizid“ angetragen. Schierling gehört zur Familie der Doldenblütler. Ich nenne sie die Königsklasse beim Wildkräutersammeln, denn auf den ersten Blick sehen sie alle gleich aus…Schmackhafte wie der Wiesenkerbel, aber auch giftige wie der Schierling oder die Hundspetersilie.
Du bist unsicher und/oder willst mehr erfahren über heimische Wildkräuter und wie Du sie sicher erkennst und verwendest? Dann begleite mich auf einer Kräuterführung. Wähle hier DEIN WILDKRÄUTERERLEBNIS.
Wichtige Giftpflanzen im Überblick
Echte Tollkirsche
Schwarzes Bilsenkraut
Bittersüßer Nachtschatten
Blauer Eisenhut
Aaronstab
Herbstzeitlose
Stechapfel/Engelstrompete
Vierblättrige Einbeere
Grüne Nieswurz
Roter Fingerhut
FAQ
Können sich Pflanzen selbständig bewegen? Bis auf wenige spezielle Formen von Algen und Moosen ist ein echter Standortwechsel nicht möglich. Jedoch können sich Pflanzen auf vielfältigste Art bewegen, ausgelöst durch Reize wie beispielsweise Licht, Erschütterung, chemische Stoffe. Beispiele:
Bewegung über unterirdische Ausläufer
Bewegung der Blüte mit der Sonne
Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen
Einklappen der Blätter oder Abspreizen von Stängeln
Reaktion der Blüten auf Wetterveränderung (Wetterzeiger)
Können Pflanzen sprechen? Die erstaunliche Antwort ist JA! In einer eindrucksvollen Studie machte ein Forschungsteam der Universität Tel Aviv um Molekularbiologin Lilach Hadany die „Schreie“ gestresster Pflanzen hörbar. Mithilfe spezieller Mikrofone konnte die auf Ultraschall-Frequenzen basierende Pflanzensprache aufgezeichnet und belegt werden. Was ohne technische Hilfsmittel für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar ist, kann im Tierreich, z.B. für Fledermäuse oder auch im Austausch mit anderen Pflanzen von hoher Bedeutung sein.
Kann man ohne Pflanzen leben? Pflanzen sind essenziell für das Überleben. Sie liefern Nahrung für Menschen und Tiere und nicht zuletzt Sauerstoff durch Photosynthese. Neben primären Inhaltsstoffen wie Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten, liefern uns Pflanzen eine unglaubliche Vielfalt an Mineralstoffen, Vitaminen und nicht zuletzt sekundären Inhaltsstoffen. Während diese sekundären Inhaltsstoffe den Pflanzen einerseits als Lockstoff für Bestäuber und andererseits auch als Schutz vor Fraßfeinden dienen, können sie den menschlichen Organismus positiv beeinflussen.
© wildekräuterkatze
Comments