top of page

Vogelbeere

  • susiforster
  • 7. Sept.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Sept.

Korallen am Baum



Vogelbeeren sind NICHT giftig. Soviel gleich vorweg. Im Gegenteil – gesund und stärkend sind sowohl die hübschen Blüten im Frühling und besonders die leuchtend roten Beeren im Herbst. Wohl dem, der sich auskennt und die Vorzüge der prächtigen Vogelbeere zu nutzen versteht. Der Artikel räumt auf mit hartnäckigen Mythen und liefert Dir spannendes Naturwissen und wichtige Fakten rund um Botanik, Geschichtliches und Verwendung der Vogelbeere.


Wie leuchtend orange Korallen zieren die Früchte der Vogelbeere das herbstliche Bild und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Die kleinen Beeren, die optisch an winzige Äpfel erinnern, zählen botanisch tatsächlich zu den Apfelfrüchten…und zu den Lieblingsspeisen der Vögel. Der Name Vogelbeere oder auch Drosselbeere kommt also nicht von ungefähr. Auch die lateinische Bezeichnung Sorbus aucuparia stellt die Verbindung zur Vogelwelt her. Die Vorliebe der Vögel für die roten Früchte nutzte man aus, um Vögel zu fangen. Aus avis=Vogel und capere=fangen wurde schließlich aucuparia. Der Gattungsname Sorbus ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf das keltische Wort sorb für herb zurückzuführen.


Eberesche ist eine weitere Bezeichnung für die Baumart mit dem fiedrigen Blattwerk. Eber steht für aber und wird botanisch als Synonym für falsch/unecht verwendet, wenn man so will. Pflanzen, die nur ähnlich aussehen ohne echte Verwandtschaft. Bei der Vogelbeere sind es ihre gefiederten Blätter, die an ihren großen Bruder Esche erinnern und so wurde daraus die Eberesche.



Giftige Bitterstoffe - die Dosis macht das Gift

Früchte der Vogelbeere in Nahaufnahme
Die reifen Beeren der Vogelbeere sind Apfelbalgfrüchte und ähneln winzigen Äpfeln

Woher kommt denn nun der schlechte Ruf der Vogelbeeren als giftige und somit unbedingt zu meidende Frucht? Zwei Inhaltsstoffe sind dafür verantwortlich: Parasorbinsäure und Blausäure. Klingt erst mal gefährlich, ist es aber nicht.


1) Der Parasorbinsäuregehalt in den Früchten sorgt für den typischen und erheblich bitteren Geschmack der Vogelbeeren. Und hier heilt sich das Problem quasi von selbst. Angesichts des extrem bitter-herben Geschmacks wird freiwillig kaum jemand eine toxische Menge roher Früchte konsumieren. Größere Mengen Vogelbeeren roh verzehrt, können tatsächlich leichte Vergiftungserscheinungen nach sich ziehen in Form von Magen-/Darmproblemen. Auch schädliche Auswirkungen auf die Nieren werden in der Literatur aufgeführt. Aber wie nutzt man dann schadlos die tollen Beeren? Gewusst wie: Trocknen reduziert den Parasorbinsäuregehalt, Kochen eliminiert ihn. Häufig ist auch zu lesen, dass die Bitterkeit der Vogelbeeren durch Einfrieren oder Einlegen in Essig reduziert und die Früchte damit bekömmlicher oder süßer würden. Der Erfolg ist meines Erachtens eher mäßig. Aber hier darf jeder und jede gerne selbst einen Versuch starten.


Übrigens spiegelt sich am Beispiel der Vogelbeeren ganz deutlich das ursprüngliche Naturprinzip: Vorsicht - bitter könnte auch giftig sein. Leider ist die Aversion gegen Bitterstoffe in der modernen Ernährung und Nahrungsmittelproduktion völlig aus dem Ruder gelaufen. Bitterstoffe wurden aus zahllosen Pflanzen herausgezüchtet und finden heutzutage kaum noch Einzug auf dem Speiseplan. Dabei sind Bitterstoffe extrem hilfreich und wichtig für unsere Verdauung. Erfahre mehr über Bitterstoffe und gesunde, grüne Ernährung.


2) Blausäure oder genauer gesagt Blausäureglykoside finden sich nicht nur in den Früchten, sondern auch in den Blüten und Blättern. Es verhält sich analog zur Parasorbinsäure: Frei nach Paracelsus…die Dosis macht das Gift. Die Lösung: Roh nur kleine Mengen, alternativ erhitzen, trocknen oder auch einlegen in Alkohol machen die Blausäure unschädlich.


Special effect der Bläusäure:  Amarettoaroma. Probier es einfach mal aus und zerreibe einfach ein junges Ebereschenblättchen. Es duftet nach Marzipan. Ist das nicht genial?! Das wunderbare Aroma lässt sich auf vielfältige Weise kulinarisch nutzen, beispielsweise als Vogelbeerzucker oder selbst aromatisierter Ebereschen-Tequila oder in aromatisierten Süßspeisen. Den Amarettoeffekt kannst Du übrigens mit allen Rosengewächsen nutzen, zu denen alle unsere Obstarten wie Apfel, Zwetschge, Aprikose, aber auch das Mädesüß zählen. Lege einfach mal ein paar Apfelkerne in Wodka ein und staune nach zwei Wochen über den Amarettoduft.


Fazit: In kleinen Mengen können Vogelbeeren auch roh ohne größere Auswirkungen verzehrt werden. Für größere Mengen Früchte trocknen oder erhitzen.

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) nennt als letale (tödliche) Dosis für einen Erwachsenen eine Menge von 90 kg roher Früchte. Die Gefahr ist also eher als gering einzustufen.


Vitamin C Bombe

Warum sollte man Vogelbeeren überhaupt essen? Die roten, reifen Früchte der Ebereschen sind überaus gesund. Der Vitamin C Gehalt der Vogelbeeren ist mit 200 bis 250 g mg pro 100 g Frischgewicht beeindruckend hoch. Ein absoluter Immunbooster, rechtzeitig zur herbstlichen Erkältungszeit. Und das Beste daran: Vogelbeeren verfügen über einen ausgesprochen hohen Säuregehalt. Dieser sorgt dafür, dass das Vitamin C Level selbst beim Kochen stabil bleibt. Übrigens versorgen uns auch Hagebutten mit ähnlich hohen Vitamin C Dosen.


Der hohe Fruchtsäuregehalt lässt das Obst auch nicht braun anlaufen und sorgt in Mus und Marmeladen für leuchtende Farben.


Carotinoide und Flavonoide runden das Gesundheitspaket ab. Mit ihrer antioxidativen Wirkung stärken sie das Immunsystem und fungieren als Radikalfänger.


Nahaufnahme korallrote Vogelbeeren
Wie Korallen am Baum – Vogelbeeren sind Apfel- oder Sammelbalgfrüchte

Verwendung

Kulinarisch

Vogelbeeren lassen sich in der Küche auf vielfältigste Art und Weise einsetzen. Von süß bis salzig, in Speisen wie auch Getränken, als Zutat oder als Hauptdarsteller. Nachfolgend ein paar Ideen:


  • Marmeladen, Muse, Gelee, Sirup oder auch Fruchtleder (besonders schmackhaft und zur Abmilderung der Bitterstoffe in Verbindung mit anderem Obst wir Birnen und Äpfeln)

  • Getrocknet als Rosinen-Alternative - Beigabe zu Gebäck oder vermahlen als Mehlergänzung (farblich interessant)

  • Schnaps oder Likör

  • Blätter und Blüten zur Aromatisierung - Amarettoeffekt


Übrigens: Vogelbeeren enthalten bis zu 12% Sorbit. Dieser Zuckerersatz süßt zwar weniger stark als Haushaltszucker, wirkt dafür aber auch nicht kariös und ist auch für Diabetiker verträglich, da kein Insulin für den Verstoffwechselungsprozess benötigt wird. Achtung: Bei Sorbit-Unverträglichkeit auf den Genuss von Vogelbeeren verzichten


Eine großartige Auswahl an herrlichen und überraschenden Koch- und Backrezepten präsentiert die wunderbare Pflanzenexpertin und Köchin Karin Greiner in Ihrem Buch „Bäume in Küche und Heilkunde“ aus dem at Verlag


Tipp: Bitterstoffe wirken als natürlicher Appetitzügler.


Heilkundlich

Vogelbeeren hat wohl kaum einer als klassische Heilpflanze auf dem Radar. Rein wissenschaftlich gibt es dazu auch keine Belege (mangels Forschung). Die Großen der Heilkunde war die Eberesche allerdings durchaus geläufig: Von Hippokrates über Karl den Großen bis hin zu Pfarrer Künzle – sie berichten alle durchwegs von den Heilkräften der Vogelbeere.


Hervorzuheben ist dabei natürlich der enorme Vitamin C Gehalt, der in frühen Zeiten bei der Skorbut-Prophylaxe half und heutzutage ein effektiver Immunbooster in der kalten Jahreszeit darstellt. Gerbstoffe und Pektine leisten gute Dienste bei Magen-Darm-Problemen.


Heilkundliche Anwendungsbeispiele:

Vogelbeermus: Vorbeugend und unterstützend in der Erkältungszeit, stärkend bei Erschöpfung, unterstützend bei Magen-Darm-Problemen (stopfend bei Durchfällen, bindet Giftstoffe, Darmsanierung), ausgleichend für Cholesterinspiegel, wohltuend bei Husten und Heiserkeit.


Getrocknete Vogelbeeren: Die sogenannten Sängerperlen helfen Menschen, die viel sprechen oder singen, die Stimmbänder geschmeidig zu halten und hilft bei Entzündungen des Rachenraums. Täglich 2-3 getrocknete Vogelbeeren kauen.


Vogelbeertee: Früchte, Blüten und Blätter können als Tee bei Husten, Halsschmerzen und Heiserkeit Hilfe leisten.

1 EL getrocknete, zerkleinerte Früchte mit 250 ml kochendem Wasser überbrühen, 10 Minuten ziehen lassen. Abseihen und ggf. mit Honig süßen. Zur Erkältungsprophylaxe etwa 2 Wochen täglich 1 Tasse. Bei Durchfall täglich zwei Tassen. Bei Heiserkeit mit dem Tee gurgeln.


Tee aus Blüten und Blättern bei Husten und Bronchtis: 1 EL getrocknete Blüten/Blätter mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und 5 Minuten ziehen lassen. Im Bedarfsfall täglich 1 - 2 Tassen trinken oder damit gurgeln. Der Tee aus Blüten ist auch ideal als Frühjahrskur zur Aktivierung des Lymphflusses und zur Blutreinigung.


30-Tage-Nierenkur: Getrocknete Vogelbeeren entgiften und regen die Nierentätigkeit an. Am ersten Tag kaut man 1 getrocknete Eberesche. Am zweiten Tag 2 und so weiter bis Tag 15. Danach wieder absteigend bis man die Kur am 30. Tag mit der letzten getrockneten Eberesche beendet.


Vogelbeermus im Glas mit frischen Beeren und Blättern als Dekoration

Rezept Vogelbeermus Nahrung als Medizin


Frische Vogelbeeren von Stielen befreien, waschen und mit etwas Wasser oder Saft weich kochen. Um den sehr herben Geschmack abzumildern, kannst Du geeignetes Obst wie Äpfel und/oder Birnen hinzufügen. Anschließend alles durch ein feines Sieb passieren. Gewonnenes Fruchtmus nach Geschmack mit Honig süßen, nochmals erhitzen und in sterilisierte Gläser abfüllen. Nach Anbruch Inhalt innerhalb weniger Tage verbrauchen. Täglich 1 -2   Teelöffel pur oder in Müsli, Quark genießen.


Lecker auch als Chutney zu pikanten Speisen wie Käse oder Wild.


Ökologisch

Die Eberesche gilt als Pionierbaum und ist absolut als ökologisch wertvoll einzustufen. Die anspruchslose Baumart kommt selbst mit kargen Verhältnissen und auch Höhenlagen zurecht. Als Erstbesiedler schafft sie gute Ausgangsbedingungen bei Renaturierungen und Aufforstungen. Mit ihrem weit verzweigten Wurzelsystem sorgt die Eberesche für hohe Standfestigkeit. Insofern wird die Vogelbeere gerne auch als Bepflanzung zum Lawinenschutz eingesetzt.


Für zahlreiche Tiere stellen Ebereschen eine beliebte Nahrungsquelle dar…nicht nur mit ihren Früchten, sondern vom Blatt bis zur Rinde. Neben mehr als 60 Vogelarten schätzen Käfer, Schmetterlinge, Nager, Füchse, Reh- und Rotwild die Vogelbeere als Futterpflanze und als Wohnraum.


Ebereschen gelten seit Alters her als Schutzbaum vor Blitzen. Bei den Germanen war diese Bäume dem Donnergott Thor geweiht. Tatsächlich zeigten Studien der neueren Zeit, dass Blitze im Verhältnis wenig in Ebereschen einschlagen.


Steckbrief Vogelbeere

gefiederte Blätter der Eberesche
Die gefiederten Blätter der Vogelbeere ähneln denen ihres großen Verwandten der Esche, daher der Name Eberesche (eber=unecht)

Familie: Rosengewächse (Rosaceae)

Pflanzenname: Vogelbeere/Eberesche (Sorbus aucuparia)

Volksnamen: Drosselbeere, Quitsche, Krametsbeere


Merkmale: Strauch oder bis zu 25 m hoher Baum, jung glatte gelbgrüne oder grau/rotbraune Rinde, später erst galt-glänzend, dann matt und schwarzgrau, kegelförmige, dunkelbraune filzig behaarte Knospen, Mai/Juni vanillefarbige schirmförmige Blütenrispen mit eher unangenehmen Duft, typische eschenähnliche leicht gezähnte Fiederblätter aus 9-19 Fiedern, ab ca. August korallrote/orange Früchte (Apfel-/Sammelbalgfrüchte), meist in goldiger Traube angeordnet.


Vorkommen: Weit verbreitet vom Flachland bis in hohe Lagen bis zur Baumgrenze, Waldlichtungen und -ränder, Hecken, Gärten, Parkanlagen, auch Felshänge und Moore.

Inhaltsstoffe: Vitamin C (200-250 mg/100 g), Parasorbinsäure, Blausäure, Pektin, Carotinoide, Flavonoide, Gerbstoffe, Fruchtsäuren, ätherische Öle

Verwertbarkeit: Früchte, Blüten, Blätter

Der Herbst beschenkt uns reich mit vitaminreichen Heckenfrüchten: Neben Vogelbeeren gibt es Schlehen, Berberitze, Hagebutten, Weißdorn oder Kornelkirschen. Kennst Du nicht? Na dann erfahre mehr im Blogbeitrag Herbstschätze der Natur. Oder begleite mich zu einer Herbstkräuterführung und entdecke, was vor Deiner Haustür auf Dich wartet.


FAQ

  1. Sind Vogelbeeren giftig? Jein. Die in Vogelbeeren enthaltene Parasorbin- und Blausäure ist für Menschen nicht verträglich und kann zu Erbrechen und Durchfällen führen. Allerdings gilt das nur für den Verzehr größerer roher Mengen an Vogelbeeren. Diese schmecken extrem bitter, so dass kaum jemand freiwillig eine solche toxische Menge zu sich nehmen wird. Gekocht oder getrocknet sind Vogelbeeren nicht nur ungiftig, sondern äußerst gesund aufgrund ihres extrem hohen Vitamin C Gehaltes

  2. Enthalten Vogelbeeren viel Vitamin C?

    Vogelbeeren oder auch Ebereschen genannt, sind extrem Vitamin C reich. 100g Fruchtfleisch enthalten bis 200 bis 250 mg Vitamin C. Hinzu kommen antioxidativ wirkende  Carotinoide und Flavonoide. Ein toller Immunbooster und Stärkungsmittel.

  3. Sind Ebereschen ökologisch bedeutend?

    Ebereschen – auch als Vogelbeeren bekannt – sind ökologisch äußerst wertvoll. Als anspruchslose Pionierbäume sind sie ideale Starterkulturen in Renaturieruntsprojekten. Als Herzwurzler bilden sie ein tiefes und breites Wurzelwerk. Sie verhindern Erosion und leisten sogar als Lawinenschutz gute Dienste. Sie erweisen sich auch als widerstandsfähig gegen Luftverschmutzung im städtischen Umfeld.

    Ebereschen sind eine beliebte Futterquelle in der Tierwelt von Käfer über Schmetterlinge bis Wild und dienen auch als Wohnraum für Insekten.


Die Beschreibungen ersetzen keine medizinische Beratung. Alle Darstellungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen und mit größter Sorgfalt recherchiert und/oder beruhen auf tradierten Überlieferungen und volksheilkundlichen Erfahrungen. Bei Beschwerden und Krankheitszeichen ggf. den Arzt des Vertrauens konsultieren.


Quellen:

NaturaDB, https://www.naturadb.de/pflanzen/cornus-mas, abgerufen 20.03.2025

Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft: https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlandschaft/180611/index.php, abgerufen 20.03.2025

Hellmut Baumann, Die griechische Pflanzenwelt in Mythos, Kunst und Literatur, Hirmer Verlag

Botanischer Garten Universität Potsdam: https://www.uni-potsdam.de/de/botanischer-garten/aktuelles/pflanze-des-monats/archiv/cornus-mas, abgerufen 21.03.2025

Kuratorium Wald: https://www.kuratoriumwald.com/eberesche-infos, abgerufen 08.09.2025

bottom of page