Verhasste Fremdlinge. Verkannte Nützlinge
Neophyten - da schrillen sofort die Alarmglocken. Die Rede ist von eingeschleppten Fremdpflanzen. Die Verunsicherung ist groß, wenn leider allzuoft pauschaliert von der Bedrohung oder gar Vernichtung der heimischen Flora schwadroniert wird. Dabei sind die pflanzlichen Einwanderer gar nicht so böse, wenn man sich näher mit dem Thema befasst. Und wenn überhaupt jemand schuld ist, dann ist es der Mensch selbst.
Neophyten und Artensterben - ein menschengemachtes Problem
Neopyhten (nach 1492 eingeführte oder eingeschleppte Pflanzen) wurden zahlreich und ganz gezielt eingeführt. Historische Größen der Forschungsreisenden von James Cook, Alexander von Humboldt bis Charles Darwin brachten die floralen Schätze mit. Königshäuser und renommierte botanische Gärten schmückten sich damit und zeigten demonstrierten koloniale Überlegenheit.
Zunehmende Verstädterung und Versiegelung zerstörten natürlichen Lebensraum heimischer Flora. Brachflächentolerante Neophyten besetzten diese Nische
Massiver Einsatz von Agrarchemikalien vergifteten die natürliche Lebensgrundlage für heimische Kulturen und deren Bestäuber. Stickstoffliebende Neophyten springen in die Bresche und bieten Insekten weiter Nahrung.
Fakt ist, dass die viele der Neuzugänge aus fremden Ländern sich längst etabliert haben und auch nicht mehr versschwinden werden. Wie kann man damit umgehen? Wo ist Eingreifen wichtig und sinnvoll? Lies mehr dazu im Blogbeitrag Neophytenhype - keine Angst vor Invasoren.
Sind die Neophyten nun wirklich so böse? In Ihren Heimatländern sind die Pflanzen meist hochgeschätzte Heilpflanzen. Statt uns über diese Pflanzen zu ärgern, sollten wir sie vielmehr nutzen! Hier findest Du drei Kurzporträts typischer Neophyten mit schlechem Ruf und viel gutem Potenzial.
Indisches (drüsiges) Springkraut
Herkunftsgebiet: Himalaya
Verbreitung: erste Einfuhr 1839 in England, 1854 in Deutschland, bis 1939 exotische Seltenheit, ab 1980er Jahre massive Verbreitung
Pflanzenfamilie: Balsaminengewächse (Balsaminaceae)
Pflanzenname: Indisches oder drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)
Volksnamen: Himalayakraut, Himalaya-Balsam, Bauernorchidee, Policeman´s Helmet
Vorkommen: bevorzugt feuchte, nährstoffreiche Böden, aber auch etabliert auf „gestörten“ Biotopen in Gräben, Straßen, Wegrändern, Feuchtbrachen, Bächen
Beschreibung: 1-jährige, nicht verholzende Krautpflanze, Wuchshöhe bis 3 m, rötlicher, gerillter, hohler Stängel, lanzettliche, gestielte drüsige Blätter, die den typischen eigenwilligen Geruch verströmen, traubige, zygomorphe (orchideenartige) Blütenstände in rosa bis pink, Blüten enthalten sehr viel Nektar mit extrem hoher Zuckerkonzentration. Blüten bis in den Herbst (Bienenfutter!). Längliche Schoten mit Samen (junge weiße und schwarze reife), die bei kleinster Berührung aufplatzen und Samen bis zu 7 m schleudern. Bis Juni langsames Wachstum, danach rasche Entwicklung in teilweise großen Horsten, bis zu 4.300 Samen pro Pflanze
Verwendung: Frische Blüten als Deko für Desserts und Salate, frische Blüten für Sirup/Gelee, nussig schmeckende Samen pur oder als Topping für Salate, Müsli, Joghurt, zu Pesto, zerquetschte Blätter lindernd bei Mücken- und Brennnesselstichen, Blätter nicht verzehren - kann zu Erbrechen führen (wird auch gezielt als Brechmittel eingesetzt), wichtige Bienenweide bis tief in den Herbst, Bachblüten-Essenz und Teil der Bach- Notfalltropfen
Du willst mehr erfahren? Dann lies das ausführliches Porträt zum Indischen Sprinkraut
Kanadische Goldrute
Herkunftsgebiet: Nordamerika
Verbreitung: 1632 Ankunft in Europa, zunächst in Liebhabergärten, nach Krieg Verbreitung auf Trümmerlandschaft und Schutthalden, von dort Verwilderung auf breiter Fläche
Pflanzenfamilie: Korbblütler (Asteraceae)
Pflanzenname: Kanadische Goldrute (Solidago canadensis)
Volksnamen: Goldschwinge, Goldähre, Goldstern, Gelbe Waddel
Vorkommen: bevorzugt trockene, stickstoffreiche Böden und warmes Klima (Klimawandel!), Ruderalflächen, Schutthalden, Industriebrachen, urbane Brachflächen, Wegränder
Beschreibung: Ausdauernde krautige Pflanze mit bis zu 2 m Wuchshöhe, mattgrüner Stängel mit schmalen, lanzettlichen Blättern, leuchtend gelbe Blütenwedel mit pyramidenförmigen Aufbau, Verbreitung über bis zu 19.000 flugfähige Samen pro Pflanze und kriechende Wurzelausläufer
Verwendung: harntreibend, entzündungshemmend und krampflösend (bestätigt durch die Kommission E) - als Tee oder Tinktur hilfreich bei Erkrankungen der Harnwege (Niere und Blase), Goldrutensaponine wirken pilzwidrig (insbesondere Candida). Tee wirkt abschwellend auf Nasenschleimhäute - hilfreich für Allergiker (manche behaupten die Goldrute löse Allergien aus. Das ist nicht richtig, da die klebrigen Samen nicht via Wind verbreitet werden, sondern durch Insekten), auf psychosomatischer Ebene Förderung der Ausscheidung negativer Gefühle (zwischenmenschliche Probleme, „es geht einem an die Nieren“)
Franzosenkraut
Herkunftsgebiet: Südamerika
Verbreitung: Ende des 18. Jahrhunderts gezielte Pflanzung in verschiedenen europäischen botanischen Gärten. Anfang des 19. Jahrhunderts Gartenflucht des Knopfkrauts und von da an massive Verbreitung auf Kartoffel-, Rüben- und Getreidefeldern. Zeitgleich etwa mit dem Kriegszug Napoleons, weshalb man dachte, die Unkrautsamen seien mit dem Pferdefutter der französischen Kavallerie eingeschleppt worden. Daher der Name Franzosenkraut. Selbst teilweise polizeiliche Erlasse bezüglich der Pflanzung konnten das Kraut nicht stoppen. Jede Pflanze kann bis zu 300.000 Samen hervorbringen. Weltweite Verbreitung
Pflanzenfamilie: Korbblütler (Asteraceae)
Pflanzenname: Franzosenkraut (Galinsoga sec. nach seinem Entdecker Martinez de Galinsoga)
Volksnamen: Knopfkraut (ursprünglicher Name)
Vorkommen: Äcker, Gärten, bevorzugt nährstoffreiche Böden
Beschreibung: Zwei Arten - kleinblütiges und behaartes F., behaartes F. wird größer, bis zu 60 cm und ist an Blättern und Stängel behaart, beide Arten eiförmige, gegenständige Blätter mit Spitze, an den verzweigten Stängeln bilden sich sehr kleine Blüten mit meist fünf weißen, gezähnten Zungenblüten (Abstand zwischen den Blütenblättchen) und mittig gelbe Röhrenblüten.
Verwendung: Ganzes Kraut liefert ein sehr protein- und extrem eisenreiches Wildgemüse. Ältere Stängel werden zäh. Ausgesprochen hoher Vitamin- und Mineralgehalt. Roh auch zu Salaten, für Pesto oder Smoothie. Getrocknet lagerfähig als sehr aromatisches Gewürz. Im Herkunftsland Peru auch vielseitig als Heilmittel im Einsatz, z.B. Frischpflanze als Blutstiller auf Schnittwunden oder als Tee zur Sanierung der Leber, eine südafrikanische Uni-Studie bestätigte blutdrucksenkende ACE-Hemmer im Franzosenkraut.
Die Beschreibungen ersetzen keine medizinische Beratung. Alle Darstellungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen und mit größter Sorgfalt recherchiert und/oder beruhen auf tradierten Überlieferungen und volksheilkundlichen Erfahrungen. Bei Beschwerden und Krankheitszeichen ggf. den Arzt des Vertrauens konsultieren.
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