Relikte aus der Urzeit
Schon zu Zeiten der Dinosaurier gab es sie – damals noch baumgroß. Und heute? Die Schachtelhalmgewächse überdauerten die Zeiten…die Menschen erkannten deren Kräfte und nutzen diese seit Jahrhunderten.
Funde von mehr als 400 Millionen alten Versteinerungen belegen: Schachtelhalmgewächse gehören zu den ältesten Pflanzenfamilien der Erde. Damals war der Schachtelhalm baumgroß und bildete zusammen mit Riesenfarnen und Moosen große Wälder. Ob und inwieweit die Schachtelhalme zu dieser Zeit genutzt wurden, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass beispielsweise die heilkräftige Wirkung des Ackerschachtelhalms schon im Altertum hochgelobt wurde. Dioskurides als auch Plinius bekundeten die blutstillende Wirkung der Pflanze. Im Mittelalter kam der Ackerschachtelhalm bei Husten, Gicht, Ruhr und Steinleiden zum Einsatz. Nachdem die Pflanze etwas in in Vergessenheit geraten war und primär als Putzmittel für das wertvolle Zinngeschirr den volkstümlichen Namen „Zinnkraut“ prägte, kam es unter Sebastian Kneipp zu neuen Ehren. Kneipp erkannte die vielseitigen Heilzwecke der Pflanze und verhalf ihr zu nachhaltiger Bekanntheit. Er schrieb dem Ackerschachtelhalm sogar heilende Wirkung bei krebsartigen Geschwüren zu. Auch bei Maria Treben kann man viel über die tiefgreifenden Heilkräfte der eher unscheinbaren Pflanze erfahren, die Anwendung finden können bei A wie Atembeschwerden bis Z wie Zahnfäulnis.
In der Landwirtschaft gilt der Ackerschachtelhalm übrigens als äußert lästiges Übel. Die Wurzeln reichen sehr tief und schon geringe Rückstände lassen die Pflanze erneut austreiben. Die Pflanze ist kaum auszurotten. Vielleicht wollte man die Arbeiter anspornen, indem man sich erzählte, dass ganz unten an der Wurzel Goldklümpchen hängen. Wahr daran ist vermutlich nur, dass die Pflanze die Fähigkeit besitzt, Gold sowie Cadmium, Kupfer, Blei und Zink in seinem Gewebe zu akkumulieren. (Quelle: http://symptomat.de/Schachtelhalm). Zum Unbeliebtheitsfaktor trägt sicher auch bei, dass der Ackerschachtelhalm für Pferde und Kühe unverträglich ist, was sich im Volksnamen „Kuhtod“ widerspiegelt.
Artenvielfalt und giftige Verwandtschaft
Während zum Höhepunkt ihrer Verbreitung im Karbonzeitalter vor rund 300 Millionen Jahren noch eine enorme Artenvielfalt unter den Schachtelhalmgewächsen herrschte, hat sich diese mittlerweile deutlich reduziert. In unseren Breiten ist vor allem der Ackerschachtelhalm zu finden und genießt auch eine gewisse Bekanntheit vor allem im Zusammenhang mit Harnwegserkrankungen. Sein typisches Sommerkleid mit seinen feinen tannenartigen Verzweigungen ist auch für Laien noch einigermaßen leicht zu identifizieren. Seine beige-bräunlichen Triebspitzen, die spargelartig im zeitigen Frühjahr aus dem Boden sprießen, hingegen bringen vermutlich nur wenige mit dem Ackerschachtelhalm in Verbindung. Und auch vor Verwechslungen mit dem giftigen Doppelgänger Sumpfschachtelhalm sollten sich weniger Geübte hüten. Deshalb ist genaue Pflanzenkenntnis wichtig. Beispielhaft soll der Vergleich zum Sumpfschachtelhalm dargestellt werden. Der Standort kann hier nur bedingt Aufschluss geben. Zwar bevorzugt der Ackerschachtelhalm grundsätzlich trockenere Standorte als sein Verwandter in den Sumpfgebieten, doch kommt er bisweilen auch mit feuchteren Standorten zurecht. So können beide Pflanzen durchaus in direkter Nachbarschaft auftreten. Deshalb gilt es genauer hinzuschauen. Wenn auch vom Pflanzenaufbau ähnlich, so gibt es doch ein recht aufschlussreiches Merkmal: Beim Ackerschachtelhalm (rechts im Bild) ist das unterste Glied der Seitenäste länger als die Scheide des Hauptsprosses (reißt man die Pflanze an der Stelle auseinander, sieht es aus wie ein „Besen“). Beim Sumpfschachtelhalm ist es umgekehrt.
Es gibt auch winterharte Genossen unter den Schachtelhalmen: So freue ich mich jedes Jahr aufs Neue bei meinen Spaziergängen im schönen bayrischen Mangfalltal über die ausgedehnten Felder des Winterschachtelhalms. Mit seinen bambusartigen unverzweigten immergrünen Trieben schmückt er nicht nur die karge Winterlandschaft, sondern mittlerweile auch gerne biologisch orientierte Gärten. Aber Vorsicht: der Winterschachtelhalm ist ebenfalls giftig. Verantwortlich hierfür sind vor allem in der Pflanze enthaltene Alkaloide, wie z.B. Palustrin.
Steckbrief Ackerschachtelhalm
Familie: Schachtelhalmgewächse (Equisetaceae)
Pflanzenname: Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense) Volksnamen: Zinnkraut, Fegekraut, Scheuergras, Katzenschwanz, Fuchsschwanz, Kuhtod
Merkmale:
Die Sporenpflanze bildet weder Blüten noch Samen. Aus der waagrecht im Boden liegenden Wurzel bildet sich zunächst von ca. März bis April ein bräunlicher Sporentrieb, mit endständiger Ähre. Diese dienen der Fortpflanzung. Danach erscheinen die grünen Sommertriebe mit querständigen Seitenzweigen an den Stängelknoten. Bei Frühjahrs- wie Sommertrieben sind die Stängelglieder „eingeschachtelt“, d.h. die Blattscheiden umhüllen die Stängelknoten, sind quasi ineinander verschachtelt, was namensgebend für die Pflanze war.
Vorkommen: Äcker, Wiesenränder, Ödland, Böschungen. Bevorzugt feuchte, lehmige Böden
Inhaltsstoffe: Hoher Kieselsäuregehalt von bis zu 10%, Flavonoide, Saponine, Kaliumsalze
Wirkung und Verwendung:
Der hohe Kieselsäuregehalt wirkt positiv auf Bindegewebe, Haut, Haare, Nägel, Knochen. Ackerschachtelhalm wirkt stark harntreibend und ausleitend bei Harnwegsinfekten ohne den Elektrolythaushalt zu stören. Zudem regt er den Stoffwechsel an und bringt so unseren Organismus in Schwung.
Ernährung
In der Ernährung spielt der Ackerschachtelhalm eine eher untergeordnete Rolle. Junge Sprosse können als Presssaft oder in einem Smoothie, fein gehackt oder ggf. sogar gemahlen in Soßen oder Gemüsesuppen verwendet werden.
Heilkundliche Verwendung
Ackerschachtelhalm ist stark blutstillend und leistet z.B. bei Nasenbluten schnelle Abhilfe. Andererseits zeigt er eine äußerst harntreibende Wirkung ohne den Elektrolythaushalt negativ zu beeinflussen. Damit eignet er sich ideal zur Ausleitung sowohl bei Blasenkatarrhen als auch Nierengries, ebenso wie zur Entwässerung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Pflanze nicht angewendet werden darf bei eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit.
Durch den hohen Kieselsäureanteil wirkt sich Ackerschachtelhalm auch positiv auf das Bindegewebe aus. Ob als Tinktur, Tee, Haarspülung oder Badezusatz entfaltet er seine stärkende bzw. straffende Wirkung für Haut, Haare, Nägel, Zähne, Knochen. Ideal auch als Zutat für Anti-Aging-Cremes. Nicht zuletzt bringt seine stoffwechselanregende Wirkung gerade bei Gicht und Rheuma einen lindernden Effekt. Sebastian Kneipp empfahl die Pflanze auch bei Husten, Bronchial- und Lungenleiden.
Als klassische Einschleuserpflanze unterstützt sie die Aufnahme von Natrium und Magnesium im Körper.
Pflanzen helfen Pflanzen
Meist ist der Ackerschachtelhalm ein eher ungeliebter Gast in Gärten. Statt ihn nur zu bekämpfen, kann er auch sinnvoll für selbst gemachtes Pflanzenschutzmittel genutzt werden. Ein Ackerschachtelhalm-Sud stärkt - analog zum Menschen - Pflanzenzellen und beugt gegen den Befall von Milben und Pilzen wie Schorf, Mehltau, Grauschimmel und Krautfäule vor.
Du willst es selbst ausprobieren?
Hier findest Du einige ausgewählte Rezepte mit Ackerschachtelhalm.
Comments