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Pflanze des Monats September: Beifuß

Die Mutter aller Kräuter


Seit Alters her gilt der Beifuß als mächtige Heil-, Gewürz-, Schutz- und Zauberpflanze. In vielen Überlieferungen ist gar von der Mutter aller Kräuter die Rede. Zum „Sonnwendgürtel“ gewunden und um die Hüfte getragen, sollte er vor Bösem bewahren. Mit einem beherzten Wurf des Kranzes in das Johannifeuer hoffte man, allem Übel den Garaus zu machen. Wie der lateinische Name zeigt, war der Beifuß der Artemis, Göttin der Jagd, aber auch Schutzgöttin der Geburt und Hebammen geweiht und hat in der Volksheilkunde einen festen Platz im Bereich der Frauenheilkunde.

In der christlichen Welt ist der Beifuß auch dem Heiligen und Märtyrer St. Valentin geweiht. Um den Beschützer der Liebenden ranken sich einige Legenden, die ihn als Urvater des Valentinstags identifizieren. St. Valentin galt aber auch als Schutzheiliger in Sachen Fallsucht und Fieberkrämpfe. Sogenannte „Valentinsbrote“, die mit Beifuß gewürzt waren, wurden zur Behandlung von Epilepsie verabreicht. Aber auch zu späterer Zeit haben sich Mediziner mit dem Beifuß als Heilpflanze zur Behandlung von Epilepsie befasst, so z.B. Christoph Wilhelm Hufeland, der auch als Begründer der Makrobiotik gilt. Ein Zusammenhang zwischen Liebe und Fallsucht ist nicht ganz von der Hand zu weisen…kann einen doch inbrünstige Verliebtheit geradezu schwindelig machen.


Namenskunde

Ob die Herleitung vom altdeutschen Wort „bozen“ (stoßen) auf die Würzkraft der zerstoßenen Pflanze verweist oder auf die abstoßende Wirkung von Dämonen und Unheil ist nicht geklärt. Jedenfalls entwickelte sich im Laufe der Zeit die Bezeichnung Beifuß. „Bei Fuß“ getragen – als Bündel am Bein oder Einlage in den Schuhen – galt die Pflanze als hilfreicher und Ausdauer spendender Gefährte aller Wanderer. Die wohltuende Wirkung findet noch heute in Form von Tinkturen und Kräuterölen erfolgreich Anwendung. Wie schon erwähnt stand Artemis, die Schutzgöttin der Gebärenden, Pate für den Beifuß und seine Verwandten der Artemisia-Familie. Der Einsatzbereich rund um die Geburt spiegelt sich auch im volkstümlichen Namen Schoßkraut (der weibliche Unterleib) wider. Die Kraft und Macht des Krauts macht der Volksname Machtwurz/Mugwurz deutlich, der auf die Bezeichnung „muegwyrt“ aus dem germanischen Neunkräutersegen zurückgeht.


Verwechslungsgefahr

Wichtigstes Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal des Beifuß sind seine Blätter: Die Oberseite ist dunkelgrün und kahl, die Unterseite dagegen weißfilzig behaart. Beim echten

Wermut (artemisia absinthium), der u.a. für die Herstellung der gleichnamigen Spirituose Absinth Anwendung findet, sind beide Blattseiten silbrig grau. Zudem schmeckt der echte Wermut extrem bitter. Besondere Vorsicht gilt bei der Unterscheidung gegenüber dem beifußblättrigen Traubenkraut (ambrosia artimisiifolia), auch kurz als Ambrosie bekannt. Diese Pflanze gilt als hochallergen. Sie sollte nicht verzehrt und am besten gar nicht berührt werden. Ihre Blätter sind auf beiden Seiten kräftig grün.


Steckbrief:

Familie: Korbblütengewächse (Asteracea) Pflanzenname: Beifuß (Artemisia vulgaris) Volksnamen: Wilder Wermut, Besenkraut, Schoßkraut, Sonnwendkraut, Mugwurz


Merkmale: Die ausdauernde Pflanze erreicht eine Höhe von 50 bis 150 cm. Aus dem oft rötlichen Hauptstängel wachsen aus vielen Seitenstängeln üppige fiederteilige Blätter. Die typische Färbung und Struktur der Blätter – Oberseite glatt und dunkelgrün bis graugrün, Unterseite weiß-filzig – ist ein typisches Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal. Von Juni bis September erscheinen an Rispen die Blüten – winzige gelbe/graugrüne bis rötliche Knöspchen.


Vorkommen: Schotterplätze, Wegränder, Ruderalflächen, Böschungen, Ufer


Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, ätherische Öle, Flavonoide, Inulin


Wirkung und Verwendung:


Küche:

Ob klassisch zur Gans oder auch zu Eierspeisen, Kartoffelgerichten, Käse und Gemüsesuppen…der Beifuß ist appetitanregend, würzig und verdauungsfördernd zugleich. Im Zusammenspiel mit Basilikum, Dost, Thymian und Rosmarin lassen sich wunderbare mediterrane Würzmischungen zaubern, die die Beigabe von Salz fast überflüssig machen. Beifuß sollte eher lange mitgekocht werden, so entfaltet er sein Aroma am besten. Verwendung finden junge Blätter sowie Blütenrispen vor dem Aufblühen, sowohl frisch als auch getrocknet als Wintervorrat.



Heilkundliche Verwendung Treibende Kraft:

Ob verzögerte oder ausbleibende Menstruation oder Geburtswehen – der Beifuß bringt Schwung in das Geschehen. Schon in alten Überlieferungen ist die anregende Wirkung der Pflanze bei diesen Ereignissen im weiblichen Zyklus und Leben belegt. Beifuß regt nicht nur die Menses an, sondern aktiviert auch die Wehentätigkeit bezüglich Kind als auch Nachgeburt. Von daher sollte Beifuß in frühen Stadien der Schwangerschaft gemieden werden. Früher soll Beifuß sogar als Abtreibungsmittel eingesetzt worden sein. Auch ein positiver Einfluss auf die Fruchtbarkeit wird dem Beifuß nachgesagt. Vielleicht ist schlicht und ergreifend die aphrodisierende Wirkung der Liebespflanze die treibende Kraft.

Dass Beifuß müde Wanderer wieder munter macht und Ausdauer verleiht ist nicht nur mytologische Namensdeutung. Wenn ein mitgeführtes Büscherl Beifuß, ein paar Blätter im Schuh oder eine Wurzel als Amulett nicht reicht, dem hilft vielleicht eine Einreibung mit Beifußtinktur oder -öl wieder auf die Beine.


Keine Gans ohne Beifuß. Das bekannteste Einsatzgebiet ist wohl aber die anregende Wirkung auf den Verdauungsapparat. Fette und schwer verdauliche Speisen werden durch die Beigabe von Beifuß deutlich bekömmlicher. Die Pflanze regt Magensäfte, Galle und Leber an.


Wärme, Ruhe und Klarheit

Trotz seiner anregenden Aspekte kann der Beifuß auch ganz anders: wärmend, ausgleichend, klärend. Ob innerlich als Tee oder äußerlich als Aufguss im Fußbad – der Beifuß wärmt wohlig bei allen Situationen und Erkrankungen, wenn Kälte der Auslöser ist.

Reinigende Räucherungen mit Beifuß haben eine lange Tradition. Die antimikrobiellen Aromen sollen nicht nur böse Dämonen nachhaltig vertreiben, sondern wirken auch klärend, wenn „dicke Luft“ herrscht. Im Verbund mit z.B. Wacholder, Salbei und Rosmarin löst sich schlechte Stimmung in Rauch auf. Die Düfte wirken auch harmonisierend und können Klarheit schaffen – ein guter Start für einen Neubeginn, z.B. auch in einer neuen Wohnung.

Ausgleichende Düfte sind auch die Grundlage für ein schlafförderndes Traumkissen: Getrocknete Blüten, Blätter und Stängel des Beifuß zusammen mit getrockneten Lavendel- und Kamillenblüten sowie Hopfendolden in eine kleine Kissenhülle füllen. Vor dem Schlafen in der Hand drücken, damit sich die Aromen entfalten.



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